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C2. Rekorde, Rekorde, Rekorde – Einführung in das UnerwarteteM. Rodewald (1948) klassifizierte den Winter 1939/40 als den strengsten der letzten hundert Jahre, obwohl eine „säkulare Wärmewelle“ den größten Teil der Erde seit dem letzten Jahrhundert erfasst hatte und diese von 1900 bis 1939 immer ausgeprägter gewesen war, woraufhin er ergänzend feststellte: · „Um so erstaunlicher ist das Auftreten der Serie von drei schweren Wintern nacheinander 1939/40, 1940/41, 1941/42, die nicht ein langsames Abklingen, sondern eine Zäsur der bisherigen Entwicklung anzudeuten scheinen, entgegen der Erhaltungstendenz der Zirkulation und der Temperaturabweichung“ (Rodewald, 1948). Die Temperaturabweichungen sind gravierend, und somit ist dies der herausragende Aspekt für die Winterbeschreibung. Sie werden daher einen breiten Raum in dieser Ausarbeitung einnehmen. Gleichwohl gibt es andere Kriterien, die die Schwere dieses Winters und die Rolle des Menschen an dessen Zustandekommen unterstreichen können. Zunächst wird ein Überblick gegeben, an den sich eine detaillierte Betrachtung anschließt. a. Die Temperaturen Der Winter 1939/40 wird geprägt von drei sehr schweren Kälteeinbrüchen. Von einem meteorologischen Standpunkt aus betrachtet gab es eine vierte Periode im März 1940, was wenigstens zum Teil mit dem vielen Eis in der Ostsee zu tun hatte. Die am meisten überraschende Periode war vermutlich die dritte Periode im Februar. In der Region von Hamburg bis Warschau lag die mittlere Monatstemperatur um 9 bis10°C unter dem langjährigen Mittel. Dezember 1939 Ingesamt betrachtet war der Dezember nicht so kalt, dass man von einem spektakulär kalten Monat sprechen könnte, jedenfalls nicht in West- und Zentral-Europa. __In Großbritannien begann der Winter milde, wurde kälter in der ersten Dezemberhälfte, und am Ende der zweiten Hälfte kamen die ersten Kaltlufteinbrüche. __An der deutschen Nordseeküste gab es das erste Eis ab dem 17. Dezember, und es verschwand erst wieder mit dem Ende des Winters. __In Berlin startete der Winter mit Frost am 8. Dezember. __Eine Kältewelle erfasste Danzig (-17°C) und Klaipeda (-14°C) zu Weihnachten. __Vom Kriegsschauplatz in Finnland berichtete der New York Times-Korrespondent James Aldridge am 25. Dezember 1939 über ein gespenstisches Erlebnis im russisch-finnischen Krieg: Abb. C2-1; Wilna/Litauen · „Der Dezember 1939 war extrem wechselhaft gewesen. Die erste Kältewelle kam zu Weihnachten. Dort, wo Russen und Finnen bei minus 34,4°C und schweren Schneestürmen gekämpft hatten, konnte ich kurz danach das Ausmaß des Winterkrieges selber in Augenschein nehmen. Es war der schrecklichste Anblick, den ich je gesehen hatte. Als wenn die Männer plötzlich zu Wachs gemacht worden wären, verharrten dort zwei- bis dreitausend russische Soldaten und einige Finnen wie steif gefroren in Kampfhaltung, manche stehend, mit einer Handgrate in der Hand, andere liegend – das Gewehr im Anschlag. Die Angst stand ihnen in den gefrorenen Gesichtern, ungläubiges Erstaunen und Horror vermittelnd.“ __In der letzten Woche des Jahres ergaben sich an vielen Stationen sehr unterschiedliche Werte, z. B. am 29. Dezember in Aachen -8°C; in Karlsruhe -18°C, in Hannover -14°C und in Berlin -13°C. Januar 1940. Die Kälte, die dem Winter sein besonderes Gepräge gab, kam mit Macht im Januar. Da war der Allzeitrekord in Polen mit -41.0°C /-41.8°F an der Station Siedlce, Województwo Mazowieckie, am 11. Januar 1940. Zwei Wochen später folgte England. Am 23. Januar wurde die bis dahin kälteste Temperatur mit -23,3°C in Rhaydaer (Powys) gemessen. Auch in Canterbury, Welshpool, Hereford und Newport in Shropshire wurden Tiefstwerte mit -20°C registriert. Darüber hinaus war der kälteste je in Moskau gemessene Januarmonat der Januar 1940, in dem auch der Allzeit-Kälterekord mit -42,2°C eintrat (Quelle: Wikipedia/Climate of Moscow). Da solche Informationen nur eine Seite der Medaille zeigen, listen wir weitere, wie sie von der NYT berichtet wurden, auf. Andere Quellen werden ausgewiesen.
Februar 1940.
Großbritannien war nach wenigen Tagen im Februar sehr schnell von der
arktischen Kälte befreit, die sich über dem kontinentalen Europa
weiterhin deutlich durchsetzte. Das berühmte „Väterchen Frost“ hatte
Europa noch fest im Griff, wie an einigen wenigen Berichten aus der NYT
verdeutlicht werden soll. b. Weitere auffallende Wetterkapriolen Zuviel und zu wenig Regen. Der Krieg begann mit zu wenig Regen für Polen. Dort hatte man sich viel Regen erhofft, damit die Straßen und das Gelände schwer passierbar wurden. Doch während hier der Niederschlag unter der Norm blieb, kam er weiter im Westen in ungewöhnlichen Mengen herunter. Es waren von Wales bis Bayern bereits im September bis zu 200% mehr als das langjährige Mittel, im Oktober und November sogar 300%. Auch in den USA ergab sich ein starker Kontrast zwischen Regionen mit großen Niederschlägen und solchen mit Trockenheit. Dies führt zu der Frage, ob eine zu trockene nördliche Hemisphäre nicht besonders prädestiniert ist, den Zufluss von arktischer Luft in die mittleren Breiten zu begünstigen. Jedenfalls hat der vorausgegangene Abschnitt gezeigt, dass „Väterchen Frost“ sich unschwer gen Süden breitmachen konnte. Mehr hierzu in einem späteren Abschnitt (C4). Eine seltene Winddrehung über Nordeuropa. Im Herbst und Winter 1939/40 konnte für England eine ungewöhnliche Windverschiebung von Süd-West nach Nord-Ost beobachtet werden, was in 155 Jahren nur dreimal vorgekommen ist: 1813/1814, 1840/1841 und 1939/40. Auch hierzu Weiteres später (C5-3 und C5-4, S.52f). Eine Blockierung der Westwinddrift. Ein wichtiges Element der Wintervorbereitung war die nachhaltige Blockierung des Zyklonenweges vom Atlantik über Mitteleuropa gen Osten. Schon Ende Oktober stellte der militärische Wetterservice „Seewarte“ (2. Nov. 1939) fest: · „Es ist in den vorliegenden Berichten schon öfters darauf hingewiesen worden, dass in diesem Jahr die Westwinddrift der gemäßigten Breiten nur sehr schwach ausgeprägt ist und über Europa fast gänzlich fehlt. Die Zirkulationssysteme erscheinen nordwärts verschoben, so dass das Rossbreitenminimum eine um etwa 15 bis 20° nördlichere Lage als normal einnimmt, und die westdriftartige Wirbeltätigkeit über Europa nur den hohen Norden aufsucht. Deutschland liegt dabei auf der Südseite des Hochdruckgebietes und hat daher eine meist östliche bis nordöstliche Luftströmung, die in den Klimawerten des nun vergangenen Oktobers deutlich in Erscheinung tritt: …“
Wer allerdings glaubt, dass diese Aussage genutzt wurde, um zu klären, was die Gründe für diese deutlichen und gravierenden Verschiebungen sind, wird die wissenschaftliche Literatur vergeblich durchsuchen. Wie die Kälte in Dresden einsetzte – ein Beispiel: In Dresden kam es zu einem massiven Schneefall vom 6. bis 8. Dezember 1939, der bis zu 25 cm betrug, bei gleichzeitigem Fall der Temperaturen auf -7°C. Der Schneefall hatte über 36 Stunden angedauert und eine Wassermenge von 50 Litern pro Quadratmeter erbracht (Naegler, 1940). Wenige Wochen später wurden in Dresden die niedrigsten Temperaturen seit 112 Jahren gemessen, denn erst seit 1828 wurden sie in Dresden registriert. Das Kriegsdrama unter dem Polarkreis. Der Zeitraum vom 30. November 1939 bis zum 12. März 1940 ist, dank Internet und privatem Interesse, einer der am besten dokumentierten: http://www.winterwar.com/. Diese Adresse gibt auch ausführlich Auskunft über die meteorologischen Bedingungen. Auf der Karelischen Landenge (Karelian Isthmus) wurde am 16. Januar 1940 der Rekordwert von -43°C gemessen (http://en.wikipedia.org/wiki/Winter_War). Das, was sich die Rote Armee als bessere Militärübung vorgestellt hatte, wurde durch höchst ungewöhnliche Wetterbedingungen zu einem militärischen Desaster. Die Russen verloren 125.000 Mann und zählten mehr als 250.000 Verwundete. Es kostete sie auch sehr viel Material und über 2.000 Panzer. Als all dies startete, war der Extremwinter vermutlich längst auf dem Weg. Weiteres dazu in den folgenden Kapiteln. c. Die Wetterchronik zusammengefasst Diese erste Faktenzusammenstellung spricht für sich. Die Extremsituationen lassen wenig Raum für „natürliche Variationen“, worauf die Klimawissenschaft so gerne verweist, wenn man meint, keine bessere Erklärung zu haben. Dabei ist unschwer zu erkennen, dass im Herbst und Winter 1939/40 Kräfte am Werke waren, die sich nicht in „durchschnittlichen statistischen Werten“ widerspiegeln. Atlantische Tiefdruckgebiete erreichen nicht Mitteleuropa, und eine Erklärung fehlt bis heute. Dabei haben alle damaligen Wetterdienste mit Hochdruck die besten Wetterobservationen und Informationen angestrebt, so dass die Archive diese Zeit gut dokumentieren. Doch solche exzellenten Darstellungen, wie von privater Seite über den russisch-finnischen Winterkrieg, hat die Klimaforschung für keine Zeitspanne des 2. WK erbracht. Für dessen Anfangsphase ist die New York Times ein unschätzbarer Ersatz, was aber nicht die Ignoranz der Meteorologie und Klimaforschung kompensieren kann. Sie haben in 70 Jahren nicht erkannt, welches Forschungspotenzial die ersten Kriegsmonate für die Klimaforschung enthält. Die weitere Darstellung zielt darauf ab, die Umstände des ersten Kriegswinters darzulegen und die möglichen Zusammenhänge mit dem Seekrieg zu diskutieren. Inhalt - A1, A2, A3, B, C1, C2, NEXT> C3, C4, C5, C6, C7, C8, C9, D, E1, E2, E3, E4, E5, E6, F, G1, G2, G3, H, I, J, K-pdf, L-pdf |
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